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Tobias Schellhorn, Open-Data-Beauftragter des Rhein-Kreis Neuss über den internen Verwaltungsnutzen von Open Data

...drei Beispiele, wie Open-Data auch innerhalb eurer Verwaltung genutzt werden

Zusammen mit einem Kollegen vom Straßenverkehrsamt hatten wir die Idee, unseren Fahrzeugbestand im Open Data-Portal bürgerfreundlicher darzustellen. Die Pressestelle ist häufig mit Anfragen auf ihn zugekommen, beispielsweise wie viel rote Autos gibt es in Neuss. Der Kollege aus dem Fachbereich musste dann mit hohem Aufwand die Statistiken erstellen, dies ist nur außerhalb der Dienstzeit möglich, da durch die rechenintensiven Auswertungen sich die Antwortzeiten des Verfahrens spürbar verschlechtern. Mit dem neuen Dashboard können nun Bürgerinnen und Bürger sowie die Presse alle Informationen jederzeit abrufen. Dies entlastet Kollegen im Straßenverkehrsamt enorm. Feedback aus der Bevölkerung ist hier ein wichtiger Baustein, um unser Dashboard weiterzuentwickeln.

Für unser Gesundheitsamt hat die Stabsstelle Digitalisierung eine App zur Infektionsschutzbelehrung entwickelt. Bei der Entwicklung haben wir nach dem Prinzip „Open by design“ eine Schnittstelle in unser Open Data-Portal geschaffen. So werden, nicht personenbezogene Daten bestehend aus dem Zeitpunkt der Belehrung, dem Zahlungsmittel, der Art der Identifikation, der Altersgruppe und der Zielgruppe automatisch veröffentlicht. Bei dem Identifizierungsverfahren wird zwischen einem niederschwelligen Selfie-Ident-Verfahren und der Möglichkeit mit der eID des Personalausweises sich zu identifizieren. Beim Selfie-Ident-Verfahren findet im Anschluss an die Belehrung eine Prüfung der Identifikation durch die Kolleginnen und Kollegen im Gesundheitsamt statt. Mithilfe der Fallzahlen aus dem Open Data-Portal und den Bearbeitungszeiten können wir den Personalbedarf für die Prüfung der Identifikation sehr einfach berechnen. Zudem konnten wir eine unerwartete hohe Nutzung der eID Identifikation in der Altersgruppe über 60 feststellen. Dies hätten wir in den jüngeren Altersgruppen erwartet. Es ist schon interessant, was man selbst mit den eigenen Daten herausfindet.

Ein weiteres, ganz simples Beispiel ist das Straßenverzeichnis, das wir im Open Data-Portal zur Verfügung stellen. Dies wird für die Adressvervollständigung unserer Webformulare genutzt. So wird in einem Online-Antrag, sobald der Straßenname eingegeben wird, passende Straßen vorgeschlagen und Postleitzahl und Ort hinzugefügt. Solch einen Datensatz müsste sonst eingekauft werden, aber unser Straßenverzeichnis bietet dies stets aktuell und kostenlos. Über 25.000 Downloads zeigen, wie nützlich dieser Datensatz ist.

...wie die Zusammenarbeit beim Thema Open Data innerhalb der Verwaltung gelingen kann

Es hilft schon ungemein, wenn man Kolleginnen und Kollegen findet, die Lust auf das Thema haben und den Mehrwert erkennen. Ich möchte durch automatisches Aktualisieren der Daten echte Mehrwerte für die Kolleginnen und Kollegen in den Fachbereichen schaffen. Es entfällt die manuelle Pflege der Daten und die Bedienung des Portals ist kinderleicht. Gesperrte Dateien und komplizierte Suche, sowie eine schlechte Formatierung, gibt es im Open Data-Portal nicht. Pflege der Daten und die Bedienung des Portals ist kinderleicht. Gesperrte Dateien und komplizierte Suche, sowie eine schlechte Formatierung, gibt es im Open Data-Portal nicht.

COVID-19 war bei uns ein Treiber für Open Data. Wir haben viele COVID-19-Daten öffentlich über unser Portal bereitgestellt, aber auch intern für den Krisenstab. Über die Arbeit im Krisenstab kam die Verwaltungsleitung täglich mit den im Open Data-Portal erstellten Dashboards und Visualisierungen in Kontakt. Das hat Türen geöffnet und zeigte die immensen Vorteile von Open Data.

...was gegen interne Widerstände hilft

2019 haben wir eine eigene Open Data-Richtlinie verabschiedet, mit der wir uns selbst verpflichten, Daten offen bereitzustellen. Die Grundsätze „Open by default“ und „Open by design“ sind hier ein wichtiger Baustein. In meinen Gesprächen mit den Fachbereichen bekomme ich leider immer mal wieder zu hören: „Open Data? Was ist das? Dafür habe ich keine Zeit und das nutzt ohnehin keiner.“ Ohne die Richtlinie wäre hier direkt die Tür zu, aber so bekomme ich einen Fuß hinein und kann zusammen mit den Fachbereichen eine Lösung erarbeiten, von der alle Seiten profitieren. Aber nur diese Richtlinie allein reicht nicht. Ohne meinen IT-Dezernenten (Harald Vieten) und CDO (Jürgen Brings), die mir hier stets den Rücken freihalten, wäre dies alles nicht möglich. Dafür bin ich beiden sehr dankbar.

Nach dem Motto „steter Tropfen höhlt den Stein“, informiere ich regelmäßig über interne Kommunikationskanäle wie Newsletter oder Mitarbeiterzeitung. Ein entscheidender Impuls kommt hierbei aus der Bevölkerung: Wir listen die im Portal gesuchten aber nicht gefunden Daten in einer eigenen Kategorie auf.

...dein Anliegen an die Politik

Was ich mir wünsche ist, dass das Land NRW die Open Data-Verordnung so erweitert, dass sie auch für Kommunen greift. Dann könnten wir uns den Umweg über unsere Open-Data-Richtlinie sparen und bei Diskussionen stets direkt auf die geltende Rechtsprechung verweisen. Im besten Fall werden die Fachverfahrenshersteller gesetzlich verpflichtet, für Ihre Verfahren eine Open Data-Schnittstelle bereitzustellen. Mit diesen Schritten würden wir den Open Data-Turbo zünden.

Zudem wäre eine einheitliche Open Data-Portal-Software, am besten als Open Source, wünschenswert. Mit einer einheitlichen Software müssen Lösungen von der kommunalen Gemeinschaft nicht mehrfach entwickelt werden. Die bisherigen Lösungen können leider in Sachen Benutzerfreundlichkeit und Funktionsumfang noch nicht mit der von uns eingesetzten proprietären Lösung mithalten. Unser aktuelles Portal bietet hier vielfältige Möglichkeiten der Datenaufbereitung und Visualisierungen. Es ist schade, dass wir aktuell manche Daten nicht bereitstellen können, weil man Lizenzkosten im Hinterkopf hat.

Ein Beispiel ist der KFZ-Datensatz. Diesen würde ich am liebsten täglich aktualisieren und historisch verfügbar halten. Dies wäre aber durch die große Datenmenge extrem kostspielig.

Junger Mann mit Bart lächelt in Kamera. Der Hintergrund ist nicht im Fokus.
© Rhein-Kreis Neuss

Tobias Schellhorn ist seit Anfang 2022 Open-Data-Beauftragter des Rhein-Kreises Neuss. Davor arbeitete er als Fachinformatiker in der IT-Abteilung des Kreises, bevor er 2018 in die neu gegründete Stabsstelle Digitalisierung wechselte.

tobias.schellhorn@rhein-kreis-neuss.de | https://www.rhein-kreis-neuss.de/de/verwaltung-politik/open-data-portal/